Humboldt-Universität zu Berlin - Juristische Fakultät - European Law School

Forschungsziele

 

"In Vielfalt geeint“ gilt seit dem Jahr 2000 als Europamotto und zugleich als politisches Postulat für die europäische Integration. Im Rahmen des Kollegs wird untersucht, inwieweit sich dieses Postulat im Rechtssystem entfaltet, welche Spannungen und Wirkmechanismen es hervorbringt und wie diese Spannungen produktiv genutzt oder zumindest handhabbar gemacht werden können.

Aufgrund der fortschreitenden Europäisierung des Rechts werden einerseits nationale Rechtssysteme durch das europäische Recht in beträchtlicher Weise durchdrungen und – teilweise einheitlich – ausgeformt. Anderseits prägt die Vielfalt der nationalen Rechtsordnungen die Erzeugung des europäischen Rechts selbst, das außerdem durch staatliche Verwaltungsstrukturen dezentral umgesetzt wird. Zudem erfolgt die Verzahnung im europäischen Rechtsraum nicht nur zwischen der europäischen und den nationalen Ebenen sondern auch zwischen den nationalen Rechtsordnungen untereinander. Daraus ergeben sich sowohl vertikale als auch horizontale Verflechtungen, die die Setzung und Durchsetzung des Rechts im europäischen Mehrebenensystem tiefgreifend verändern. Dieses komplexe und spannungsreiche Phänomen gehört zu den wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und stellt eine Herausforderung an die Rechtswissenschaft dar.

Das Promotionskolleg hat sich daher als Aufgabe gesetzt, Bedingungen, Grenzen und Auswirkungen dieses Phänomens zu erforschen. Geschärft wird dieses Forschungsprogramm durch die Leitbegriffe „Einheit und Differenz“, die sich auch auf die Vielfalt der Analysemodelle beziehen. Gemeinsame Grundlage des Forschungsprogramms ist daher zunächst eine interdisziplinär geöffnete Methodik, in der rechtswissenschaftliches Arbeiten in einer sozialwissenschaftlich informierten und inspirierten Form erfolgt. Zweiter verbindender methodischer Ansatz des Forschungsprogramms ist die Rechtsvergleichung, die als wirksames Instrument einer europäischen Rechtswissenschaft gleichzeitige Erfassung von Einheit und Differenzen im europäischen Rechtsraum ermöglicht. Neben der Rechtsvergleichung stellt die rechtsgeschichtliche Perspektive für das Wechselspiel von Einheit und Differenz einen zeitlichen Vergleichskontext dar und bietet ebenfalls die Möglichkeit, konvergente Entwicklungsverläufe und nationale Pfadabhängigkeiten in den Blick zu nehmen.